Cannabiskonsum während des Vietnamkrieges
Das Weed half den Soldaten nicht nur, mit den vielen Irrungen und Wirrungen der Kämpfe fertig zu werden, es wirkte sich auf die Truppe auch pazifistisch aus.
Falls Du jemals einen Film oder eine Fernsehsendung über den Vietnamkrieg gesehen hast, müssen Dir die Mengen an Marihuana aufgefallen sein, die von den Soldaten geraucht wurden. Erinnerst Du Dich an den Film "Platoon" oder die Serie "Tour of Duty"? Joints überall.
In diesen Fällen sollen solche Darstellungen die Filme oder Serien nicht etwa cooler machen, sondern basieren tatsächlich auf der Wahrheit. Wie sich herausgestellt hat, war nämlich Cannabis während des Vietnamkrieges bei den amerikanischen Truppen die am zweithäufigsten konsumierte Substanz, die nur von Alkohol übertroffen wurde.
Überraschenderweise probierten die meisten Truppenangehörigen Cannabis zum ersten Mal während ihres Einsatzes aus. Tatsächlich hatten nur 8% das Kraut bereits vorher genutzt. Während 1967 nur 29% der entsandten Soldaten rauchten, stieg diese Zahl bis 1971 auf 34%.
Der Cannabiskonsum beim Militär erreichte während dieser Zeit einen deutlichen Höhepunkt, aber nicht nur ausschließlich in Südostasien.
Die GIs der Vereinigten Staaten rauchten ihr Gras tatsächlich auf der ganzen Welt und nicht nur in Vietnam. Ein populärer Zeitungsartikel aus dem Jahr 1971 behauptete, dass "über 1.000 Oberfähnriche an der Annapolis Naval Academy Cannabis konsumieren".[1] In derselben Zeit ergab eine Umfrage aus Deutschland, dass fast die Hälfte der dort stationierten Bataillonssoldaten regelmäßig Pot rauchte.[2]
Das Weed half den Soldaten nicht nur, mit den vielen Irrungen und Wirrungen der Kämpfe fertig zu werden, es wirkte sich auf die Truppe auch pazifistisch aus. Der Vietnamkrieg war so viel mehr als nur ein Kampf, um die Ausbreitung des Kommunismus zu verhindern: Er war ebenso eine Zeit für Veränderung, Rebellion und Freiheit.
Je mehr sie rauchten, desto mehr begannen die Soldaten sich dem Krieg und allem, wofür das Militär stand, zu widersetzen. Cannabis half ihnen auch dabei, sich besser mit ihren Kameraden zu verbinden, was es ihnen leichter machte, sich über schwierige Themen wie PTBS und die den Krieg betreffende Politik auszutauschen.
DIE PAZIFISTISCHE BEWEGUNG TRIFFT AUF DIE AMERIKANISCHEN TRUPPEN
Weed war nicht nur ein Werkzeug zur Entspannung, es war auch ein Symbol des Friedens in extrem turbulenten Zeiten. Nach Jahren der Tragödie und wohl auch unter dem Einfluss des Weeds, beschlossen viele Soldaten, mit der fortschreitenden Zerstörung nichts mehr zu tun haben zu wollen.
Eine Studie unter US-Militärangehörigen ergab für den Vietnamkrieg etwas sehr Einzigartiges, das es in der amerikanischen Geschichte so zuvor noch nie gegeben hatte: Bis zum Ende des Jahres 1969 waren 37% der entsandten Truppen weder mit dem Krieg, noch mit den politischen Zielen der USA einverstanden.[3]
Während dieser Zeit legte das US-Verteidigungsministerium ein neues Programm auf, das den Cannabiskonsum beim Militär vollständig eliminieren sollte, obwohl es viele Jahre lang weggeschaut hatte, als es um Pot ging – und um noch härtere Drogen wie Heroin und Amphetamine.
Am 4. Juli 1971, dem amerikanischen Nationalfeiertag, protestierten mehr als 1.000 US-Soldaten am Chu Lai Beach in Zentralvietnam, die meisten von ihnen rauchten dabei ihre Joints. "Als sie dort ankamen, wussten sie nicht, was sie tun sollten, also organisierten sie das größte Marihuana-Fest in der Geschichte des Krieges", heißt es in einem Auszug aus dem Buch A People’s History of the Vietnam War. Mit Rauchschwaden und den Songs von Hendrix, Dylan, den Stones und anderen, schrieben amerikanische Soldaten in beispielloser Weise Geschichte.
WIE BEGANN DAS ALLES?
Im Jahr 1970 wurde das US-Militär in Vietnam zu einer weniger aggressiven Kraft und begann seine Bemühungen mehr darauf auszurichten, defensive Garnisonen aufrechtzuerhalten und südvietnamesische Soldaten auszubilden. Um eine Kombination aus PTBS, Langeweile und niedriger Moral zu bekämpfen, suchten viele Angehörige der Truppe in der Natur nach Hilfe, und was sie fanden, war eine Fülle von Pot.
Obwohl der Cannabiskonsum von der militärischen Führung in jeglicher Form streng untersagt war, schreckte das niemanden davon ab, sich daran zu beteiligen. Genaue Zahlen sind aus nachvollziehbaren Gründen nicht verfügbar, aber Aufzeichnungen deuten darauf hin, dass etwa die Hälfte der entsandten Soldaten rauchte, und der Cannabiskonsum war in Vietnam zu jener Zeit noch häufiger als in den USA.
Als die südvietnamesische Regierung von dem Thema Wind bekam, erließ sie eine Reihe neuer Gesetze, um den Zugang zu Cannabis zu erschweren. Das ging allerdings nach hinten los, weil stattdessen Heroin auf die Liste der beliebten illegalen Drogen nach oben schnellte.
Weed blieb jedoch allgegenwärtig, da in Vietnam sehr viel Cannabis angebaut wurde. Da aber Bongs und Joint-Papers in der Wildnis Vietnams nicht verfügbar waren, mussten die GIs kreativ werden.
Vito, ein 20-jähriger Gruppenführer aus Philadelphia, präsentierte eine 12-kalibrige Schrotflinte, aus der er und seine Männer für gewöhnlich ihre Köpfe rauchen. Wirksam? Bestimmt. Sicher? Das ist umstritten. Nachdem er aller Patronen herausgenommen hatte, packte Vito einen Kopf in die Kammer und begann, Züge zu nehmen und die Waffe im Kreis weiterzureichen.
Falls Dir das irgendwie bekannt vorkommt, könnte es daran liegen, dass Oliver Stone diese Szene in seinem 1986 erschienenen Film "Platoon" nachgestellt hat.
HAT CANNABIS DEN SOLDATEN GEHOLFEN?
Einige Quellen behaupten, dass die höheren Befehlshaber nicht nur beschlossen, das Problem unter den Teppich zu kehren, sondern viele die Soldaten sogar ermutigten, Weed zu rauchen. Sie glaubten, dass der Cannabiskonsum dem Fortgang des Krieges dienlich sein könnte, indem er die Soldaten ruhig, konzentriert und aktionsbereit hält, während sie ihre Fähigkeit behalten, vernünftig zu denken und nicht überwältigt werden.
Sie glaubten auch, dass es soziale Spannungen in der Gruppe abbaue und der Moral insgesamt förderlich sei. Menschen sind immer produktiver, wenn sie zufrieden sind und nicht von Stress und Ängsten geplagt werden. Da Cannabis zudem viel sicherer ist als Alkohol oder Opiate (und die Funktionalität besser erhält), sahen die Führer keinen Anlass, das Verbot durchzusetzen.
CANNABIS UND DAS HEUTIGE MILITÄR
Aktive Militärs verzichten in der Regel wegen der strengen Strafen auf den Cannabiskonsum. Viele sagen jedoch, dass es ihre Substanz der Wahl wäre, wenn die Strafen nicht so hart ausfallen würden.
Heutzutage ist der Konsum von medizinischem Cannabis in der Gemeinschaft der Veteranen sehr verbreitet, da viele mit schmerzhaften Verletzungen oder einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) nach Hause kommen. Beides sind Erkrankungen, bei denen Marihuana helfen kann.
"Als ich aus dem Irak zurückkam, fühlte ich mich wie eine Eierschale und wie ein Psycho ... und ich legte jedes selbstzerstörerische Verhalten, das mir nur einfiel, an den Tag, um überhaupt nichts mehr fühlen zu müssen", sagt der Veteran des Marine Corps Roberto Pickering, der dabei war, sich selbst zu Tode zu trinken, bis er begann Cannabis zu konsumieren.[4] Bevor er ein medizinischer Marihuana-Patient wurde, verschrieb man Pickering insgesamt 14 verschiedene Medikamente, die bei ihm viele potenziell gefährliche Nebenwirkungen auslösten.
Nach Angaben des Department of Veterans Affairs begehen in den Vereinigten Staaten jeden Tag durchschnittlich 20 Veteranen Selbstmord.[5] Von den 29 Staaten, die ein medizinisches Marihuanaprogramm eingeführt haben, setzten 23 (und Washington D.C.) PTBS auf die Liste der qualifizierenden Erkrankungen.
- ^ Newspapers, The Capital from Annapolis, Maryland Page 1, abgerufen November-29-2018
Verknüpfung - ^ Fighting in Vietnam: The Experiences of the U.S. Soldier, Soldiers issues in the Vietnam War and afterwards, abgerufen November-29-2018
Verknüpfung - ^ Anna Cienciala, Indochina and the Vietnam War. , abgerufen November-29-2018
Verknüpfung - ^ LA Weekly, This Cannabis Project Will Help Military Veterans Get Jobs in the Marijuana Industry, abgerufen November-29-2018
Verknüpfung - ^ Office of Public and Intergovernmental Affairs, VA Releases Veteran Suicide Statistics by State, abgerufen November-29-2018
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