Der rechtliche Status von Marihuana in Deutschland


Der rechtliche Status von Marihuana in Deutschland
Steven Voser

Die Deutschen erkennen langsam die medizinische Wirksamkeit von Marihuana auch offiziell an. Cannabis ist dennoch technisch gesehen illegal. Sei vorsichtig!

Deutschland, die Heimat von Bier, Sauerkraut und Bratwurst reiht sich in die Legalisierungskolonne ein. Das ist in vielerlei Hinsicht bedeutsam. Man darf nicht vergessen, dass wir es hier mit dem Land zu tun haben, in dem Wissenschaftler seit Jahrzehnten angeblich ganz sichere Beweise dafür hatten, dass Cannabis Schizophrenie verursacht. Die deutsche Wirtschaft ist die gesündeste in Europa. Sobald der Markt hier ankommt, wird er dementsprechend groß sein.

Dessen ungeachtet kommt dieser Wandel für den deutschen Otto Normalverbraucher immer noch sehr langsam voran. Falls Dir ein grundehrlicher Marihuana-Urlaub vorschwebt, dann fahr lieber nach Holland, gleich nebenan. Ja, hier wirst Du keine Probleme haben, Weed zu finden. Und nein, die Behörden werden Dich nicht in einer mittelalterlichen Burg festsetzen und foltern.

Die Deutschen sind im Allgemeinen ziemlich cool, wenn es um Weed geht. Wenn Du Dich ganz einfach nicht zu blöd anstellst und gegen keine anderen Regeln verstößt, wird es Dir gut ergehen. Denke einfach daran, nur bei grün über die Straße zu gehen. Mit Weed in Deiner Tasche oder ohne.

DER RECHTLICHE STATUS VON MEDIZINISCHEM MARIHUANA IN DEUTSCHLAND

Die Aktivisten hier haben Anlass zur Freude, müssen sich aber auch auf die weitere Vorwärtsbewegung konzentrieren. Die deutschen Gesetze ändern sich gerade – langsam, aber sicher. Auf der Agenda steht derzeit die volle Integration medizinischer Cannabinoide in das noch immer funktionierende nationale Gesundheitssystem.

Dies ist auch der Grund, warum die medizinische Frage scheinbar ewig braucht, um in die Gänge zu kommen. Darüber hinaus schreiten die deutschen Behörden voran, indem sie die Regeln so penibel befolgen, wie sie nur können. Sie folgen schließlich UN-Mandaten.

Was bedeutet das für den Mann von der Straße? Du musst schon krank sein, um es in einer Apotheke zu bekommen. Du musst außerdem auch ziemlich wohlhabend sein. Da die meisten Krankenkassen medizinisches Marihuana immer noch nicht erstatten, könntest Du durchaus auf einer Rechnung mit satten 2.000+ Euro für rund 100 Gramm hochwertiges Weed sitzenbleiben. Diese Summe würde im Land nebenan dicke für (mindestens) eine ziemlich gute Weed befeuerte Woche in einer schicken Bude ausreichen.

DER GESETZLICHE STATUS VON MARIHUANA FÜR FREIZEITZWECKE IN DEUTSCHLAND

Im Augenblick machen die Schweizer ihre teutonisch inspirierten Nachbarn grün vor Neid. Das Land scheint sich jetzt schnell voran zu bewegen, mit einer niedrigen THC-Steuer und einem Verteilungssystem, das in allen Belangen außer den THC-Niveaus rekreational ist. Es ist nicht so, dass viele, viele Deutsche dies nicht auch wollten. Es ist nur so, dass ihre Regierung sie nicht lässt.

In ein paar Jahren vielleicht? Natürlich wird es auch hier Shops für Freizeitcannabis geben. Zur Zeit aber musst Du Dir Dein Weed auf dem Schwarzmarkt besorgen. Keine Sorge, das wird Dir nicht allzu schwerfallen; schon gar nicht, falls Du in Berlin bist. An anderen Orten des Landes kann sich dies ohne persönliche Kontakte vor Ort schon deutlich schwieriger gestalten.

Wenn wir Dir einen Rat geben dürfen: Jede Stadt mit einem Hauptbahnhof hat einen Drogenmarkt direkt nebenan. Das heißt, jede Burg mit einem Bahnhof und einer Bevölkerung von mindestens 10.000 Einwohnern. Weed-Dealer sind in der Regel in der unmittelbaren Nähe der meisten Rotlichtviertel zu finden, die auch immer in der Nähe sind.

Die schlechte Nachricht? Die Polizisten wissen das natürlich auch. Sie schauen genau hin. Aus diesem Grund kann man jede Wette eingehen, dass die Bahnhöfe die deutschen "Coffee Shops" sein werden. Aber das ist Zukunftsmusik. In der Zwischenzeit solltest Du tun, was du tun musst.

Die Straßenpreise für Haschisch oder Pot liegen hier bei angemessenen 10 Euro pro Gramm (natürlich schwanken die Preise je nach Stadt). Sei einfach nicht zu wählerisch bei dem, was du kaufst. Das hier ist, man erinnert sich, eben nicht Amsterdam. Und einstweilen wollen auch die deutschen Behörden, dass Du Dich daran erinnerst.

WAS KÖNNTE PASSIEREN, FALLS DIE POLIZEI DICH MIT CANNABIS ERWISCHT?

Das kommt darauf an. Wenn Du relativ sauber bist, nicht riechst, die anderen Regeln befolgst und - am wichtigsten - die richtigen Papiere vorzeigen kannst, wird ein wenig Cannabis für Dich nicht das Ende der Welt bedeuten. Die Cops ignorieren hier (fast) grundsätzlich alles unter 5 Gramm. Mehr als 15 Gramm könnten Dich allerdings an vielen Orten außerhalb von Berlin in Schwierigkeiten bringen.

Falls Du nicht den Anschein erweckst, dass Du mit dem Zeug handeln würdest, hast Du schlimmstenfalls mit einer Geldbuße zu rechnen. Und verlierst natürlich den Stoff. Obwohl technisch gesehen verboten, hängt auch der Umgang mit dem Rauchen in der Öffentlichkeit davon ab, wo Du Dich aufhältst. Falls Du ein Tourist bist, tu es nicht.

Bei all dem Liberalismus in dieser Frage hier, vergiss eines nicht: Deutsche können auch sehr pedantisch sein, was die Regeln angeht. Trotz der relativen Leichtigkeit, mit der Montel Williams im vergangenen Sommer davonkam, als er mit seinem Stoff den Frankfurter Flughafen passierte, bist Du wahrscheinlich kein Talkshow-Gastgeber. Marihuana ist auf Länderebene nicht mehr illegal, was bedeutet, dass Du es bei Flügen innerhalb des Landes dabei haben kannst.

Allerdings solltest Du diesen Trick nicht außerhalb der deutschen Grenzen versuchen – mit einer zusätzlichen Einschränkung natürlich: Du kannst beweisen, dass es für medizinische Zwecke gedacht ist. Du solltest Dich auf einem Flughafen nicht mit Deinem Party-Stoff erwischen lassen. Obwohl Du nicht ins Gefängnis wanderst, wirst du wahrscheinlich am Ende bestraft werden und Deinen Vorrat verlieren. Allenfalls handelst Du Dir Ärger ein, den echt niemand braucht.

GIBT ES IN NAHER ZUKUNFT MÖGLICHE ÄNDERUNGEN IN BEZUG AUF DIE CANNABISGESETZGEBUNG?

Ja. Wir erleben in diesem Land die Geburtswehen der Legalisierung, wenngleich derzeit nur für die medizinische Seite. Trotz der ausgesprochen zurückhaltenden Andeutungen der Behörden geben wir dem "rein medizinischen" Fenster höchstens fünf Jahre.

Und natürlich, jetzt da auch die Bundesregierung den medizinischen Gebrauch legalisiert hat, werden die Deutschen nie im Leben die Diskussion um Steuern und Jobs noch länger ignorieren können und hoffentlich bald die positiven Seiten der Legalisierung erkennen.

UNTERSTÜTZE REGIONALE LEGALISIERUNGSGRUPPEN IN DEUTSCHLAND

Wen man hier den Kampf um die Legalisierung unterstützen sollte und wie, ist eine Frage, die trotz des großen Schritts nach vorn auch in diesem Jahr wieder gestellt werden muss. Der Deutsche Hanfverband ist eine privat geführte Lobby-Organisation mit großem Fußabdruck. Selbsthilfegruppen für Patienten beginnen sich im ganzen Land zusammenzuschließen.

Allerdings mangelt es noch immer an der Gründung einer gemeinnützigen Lobby-Organisation wie NORML. Es wird irgendwann eine unabhängige und nicht-kommerzielle Industrie-Lobby geben.

Falls Du hier als Tourist Deine Unterstützung der Sache demonstrieren willst, gibt es Hanf-Märsche, die gut besucht werden und spaßig sind. Falls Du hier wohnst, solltest Du Dich an einen Parteienvertreter der Grünen oder Piraten wenden. Diese sollten in der Lage sein, Dich auf den neuesten Stand darüber zu bringen, was los ist, was sich bewegt und womit Du Dich beschäftigen solltest. Außerdem sollte Dein lokaler Head-Shop die eine oder andere Ideen habe. Davon gibt es in jeder ausreichend großen deutschen Stadt mindestens einen.

Steven Voser
Steven Voser

Steven ist ein Langzeitveteran des Cannabis-Journalismus und hat sich mit jeden Aspekt des Themas eingehend befasst. Er hat besonderes Interesse an der Cannabiskultur, der entstehenden Cannabis-Wissenschaft und daran, wie sie weltweit die Rechtslandschaft formt.